29
Mai
2011
Das Blog-Teleskop wurde Juni 2008 von Florian Freistetter ins Leben gerufen. Die Planung war (und ist), dass alle zwei Wochen ein astronomisch Interessierter die Themen der vergangenen 14 Tage in der deutschsprachigen Blog- und Forenwelt zusammenfasst. Der Vorteil ist: Das Blog-Teleskop ist immer aktueller als alle Fachzeitschriften. Letztere haben dafür andere Vorzüge, daher werde ich weiterhin nicht auf meine SuW verzichten. Also startet die aktuelle Ausgabe 76 wieder mit den neuesten und interessantesten astronomischen Themen ausgehend vom 15. Mai 2011, also 14 Tage nach dem Blog-Teleskop #75.
Eines der spannendsten Rätsel der Raumfahrt war die sogenannte Pioneer-Anomalie. Drei Physikstudenten der LMU München haben in einem Gastbeitrag nun die Pioneer-Anomalie: gelöst. Naja, nicht ganz ;-) Aber eine schöne Zusammenfassung der Ereignisse um dieses 30 Jahre alte Rätsel haben sie allemal geliefert.
Nicht nur die Pioneer-Anomalie war spannend, sondern auch eine besondere Messung zur Bestätigung der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART). Wird es, nach fast 50jähriger Vorbereitung, dem extra zum Nachweis des Lense-Thirring-Effekts (oder auch Frame-Dragging-Effekt genannt) gestarteten Satelliten Gravity Probe B gelungen sein, Einstein zu bestätigen? Gibt es ein Ende gut, alles gut?
Was für eine Ingenieursleistung sind doch die beiden Mars-Rover Spirit und Opportunity, das muss man einfach mal festhalten! Nun schweigt der erste (Spirit) leider seit März 2010 und seine Schöpfer geben ihn auf. Man muss sich aber vor Augen halten, dass die Funktionsdauer beider Rover für „nur“ 3 Monate garantiert war. Spirit funktionierte mehr als 5 Jahre lang und Opportunity rollt, zwar mit Altersschwächen, aber immer noch über den roten Planeten.
Am 16. Mai 2011 startete mit dreiwöchiger Verspätung die Mission STS-134 zur ISS und damit ins All. Dieser Flug birgt zwei Besonderheiten: das Alpha Magnetic Spectrometer (AMS-02) für die Suche nach Dunkler und Antimaterie und das Shuttle „Endeavour“ mit seinem letzten Flug vor dem Ruhestand. Ganz außergewöhnliche Perspektiven vom Start des Shuttles von einem Trainingsflugzeug und einem Stratosphärenballon zeigt diese Auswahl an Bildern. Kaum zu glauben, dass dort ein bemanntes Gefährt mit der mehrfachen Geschwindigkeit einer Gewehrkugel durch die Wolken stößt.
Was mich als Elektronik-Musiker natürlich immer interessiert, sind innovative Klänge und innovative Wege der Komposition. Bisher zählen für mich u.a. Tonaufzeichnungen von Satellitensignalen dazu, von denen ich einige in früheren Jahren auch in meiner Musik eingesetzt hatte. Jetzt gibt es eine Supernova-Sonate zu hören (keine Angst, ist nicht von mir), bei der Tonhöhe, Lautstärke und Klangfarbe verschiedenen Eigenschaften der eingesetzten Supernovae zugeordnet wurden. Auch wenn (oder gerade weil?) das Ergebnis etwas an Neue Musik erinnert, finde ich es eine sehr schöne Idee und auch optisch klasse umgesetzt! Und wer wissen möchte, wo bei all den Galaxien wir uns befinden, der kann sich über unsere kosmische Nachbarschaft in 3D informieren.
Wer nicht die Möglichkeit hat, die Planeten des Sonnensystems in der Realität zu beobachten oder wer einfach keine Zeit hat, deren Bewegung am Himmel live zu verfolgen, dem sei das - noch nicht abgeschlossene, deswegen erwähne ich es hier - DIY-Projekt Sonnensystem: Position der Planeten empfohlen. Ich finde das Zusammenwirken mehrerer User an diesem Projekt sehr spannend. Ach so, DIY = Do It Yourself. Programmierkenntnisse sollte man dabei aber schon mitbringen. Wer auch die nicht hat und ein iPad sein Eigen nennt, der kann zumindest mit der Astronomie-App: Planetary (gratis) herumspielen.
Sollte der Menschheit eine lange Zukunft beschert sein, so hilft vielleicht, dass mittlerweile über 550 extrasolare Planeten bestätigt sind. Dass bei der Sammlung extrasolarer Planeten keine Langeweile auftritt, dafür sorgen das Weltraumteleskop Kepler und sein Team. Zum einen konnte festgestellt werden, dass, je kleiner ein Planet ist, desto mehr davon in der Milchstraße umherschwirren. Desweiteren konnten durch das Kepler-Team überraschend viele Sterne, um die mehrere Planeten kreisen, entdeckt werden. Da wird doch irgendwo ein Planet dabei sein, auf den die Menschheit ausweichen kann, wenn's hier zu warm wird? Zumindest zeitweilig.
Europas Fluggesellschaften bangen einmal mehr um ihr lukratives Geschäft, da wieder ein isländischer Vulkan aktiv ist. Diesmal ist es der Grimsvötn, der Feuer und Wasser spuckt. Und es gibt neue Erkenntnisse über den vulkanisch aktivsten Himmelskörper im Sonnensystem, Io. Unter seiner Oberfläche soll ein Magma-Ozean schwappen.
Was wir derzeit mit der Space-Shuttle-Flotte live erleben, ist das Aussterben einer (gewissermaßen besonderen) Spezies. Da macht man sich doch unweigerlich Gedanken um die eigene Spezies und ob sie eine Urknallmaschine (nein, es ist nicht der LHC gemeint!) bauen und einsetzen würde. Philosophische Gedanken dazu können sich zumindest die machen, die den Weltuntergang am 21. Mai 2011 verpasst haben.
Ich bin schon häufig gefragt worden, wie ich zur Astronomie gekommen bin. Natürlich waren die Mondlandungen schon entscheidend, auch wenn ich damals zu jung war, um die Tragweite dieser Ereignisse verstehen zu können. Viel später erst habe ich die wahren Umstände erfahren, die mich zur Astronomie führten. Und hier muss ich terminlich etwas vorgreifen: Meine Geburt fällt nämlich zeitlich mit dem ersten Ausstieg eines Amerikaners (Edward White) aus seinem Raumschiff (Gemini 4) zusammen, und das wollte ich mal erwähnen ;-)
So, das sollte es von mir gewesen sein. Es gab natürlich viele weitere Ereignisse in den letzten 14 Tagen, aber es ist kaum möglich, sie alle in einem Blog zu sammeln. Ich bedanke mich für's Lesen und verweise auf das nächste Blog-Teleskop #77, das Quantenweltler Joachim Schulz am 12. Juni bedienen wird.